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1. Juni 2025 | 10 MIN.
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Wie die Konferenz in Serbien Teil einer russischen Desinformationskampagne wurde

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The Voicer

Am 26. Mai begann in Belgrad die internationale Konferenz “Völkermord an slawischen Völkern im 20. Jahrhundert” mit Teilnahme serbischer, russischer und belarussischer Diplomaten. Diese Veranstaltung wird in internationalen und ukrainischen Medien überhaupt nicht behandelt, ist jedoch ziemlich wichtig, da sie Teil der systematischen russischen Propaganda ist und die Interessen der Russischen Föderation in Serbien und darüber hinaus fördert.  

Heute laden wir dazu ein, eine scheinbar gewöhnliche Konferenz unter die Lupe zu nehmen und zu verstehen, wie russische Narrative in andere Länder einsickern und was wir dagegen tun können.

Fotos von der Konferenz

Wo kann man Informationen über die Konferenz finden?

Die Informationen über die Konferenz im Internet sind äußerst begrenzt. Ergebnisse finden sich nur auf Serbisch, was deutlich die Hauptzielgruppe der Veranstaltung zeigt.  

Die ersten Suchergebnisse werden von Seiten der russischen Botschaft in Serbien dominiert. Ein Beitrag über die Konferenz wurde sowohl auf Telegram, X als auch auf Instagram veröffentlicht. Alles ist auf Russisch und Serbisch doppelt vorhanden.  

Auch einige Medien berichten über die Veranstaltung: RT Balkan und Sputnik Srbija. Beide Medien, wie Sie vielleicht schon vermutet haben, sind russisch.  

RT Balkan ist der serbische Ableger des internationalen Mediennetzwerks RT, früher bekannt als Russia Today. Es wird vollständig von Russland finanziert und verwaltet.  Sputnik ist ein Ableger der internationalen Agentur Sputnik, die Teil des russischen staatlichen Medienholdings “Rossija Sewodnja” ist. Um keine Zweifel an der Qualität und politischen Ausrichtung ihrer Inhalte zu lassen, sei erwähnt, dass die Chefredakteurin von Sputnik Margarita Simonjan ist.  

Andere Websites, die die Konferenz erwähnen, verweisen direkt oder indirekt auf die Beiträge der russischen Botschaft oder auf eines dieser Medien. Daraus ergeben sich zwei wesentliche Punkte: Insgesamt ist Russland die einzige Informationsquelle über dieses Ereignis, und es tut dies über serbische Medien und auf Serbisch, weshalb man annehmen kann, dass Serbien das Hauptziel dieser Kampagne ist.

Tagesordnung der Konferenz

Wenn man sich den Account der russischen Botschaft in Serbien anschaut, stößt man auf bekannte Formulierungen. Dort wird von “blutigen Verbrechen westlicher Länder im 20. Jahrhundert” und von der „Stärke historischer und spiritueller Verbindungen zwischen Serbien und Russland“ gesprochen. Auch der “Ausbruch von Russophobie und das Verbot alternativer Informationsquellen” wird erwähnt, womit offensichtlich russische Propagandquellen gemeint sind. Es wird auch die Anwesenheit des serbischen Präsidenten Vučić beim Siegesparade am 9. Mai erwähnt. Ebenso werden die Gäste der Konferenz genannt, darunter die Botschafter Russlands und Belarus’ in Serbien.  

Die interessantesten Details hat die Botschaft jedoch nicht verraten, also schauen wir uns die russischen Medien genauer an. Der serbische Ableger von RT schreibt, dass auf der Konferenz gezeigt wurde, wie die Ukraine ein klares Beispiel dafür sei, dass “historischer Revisionismus die Tür zu neuem Faschismus öffnet”. Auch wird erwähnt, wie Kiew “Denkmäler für Kriegshelden niederreißt und den Nazi-Führer Stepan Bandera und seine Anhänger verherrlicht”. Dies ist ein klassischer russischer Narrativ, der öffentlich in Europa verbreitet wird.

Wer bezahlt dafür?  

Um zu verstehen, wie so etwas geschehen konnte, lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen, wer diese Veranstaltung organisiert hat.  

Die Konferenz wurde vom Institut für Politische Studien in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für gesellschaftliche und informationelle Zusammenarbeit “Europa” sowie dem Fonds zur Unterstützung und zum Schutz der Rechte von Landsleuten, die im Ausland leben, organisiert.  

Alle drei Organisationen sind, wie nicht schwer zu erraten, direkt oder indirekt mit Russland verbunden.  

Zum Beispiel pflegt das Institut für Politische Studien wissenschaftliche und kulturelle Verbindungen zu russischen Organisationen. 2014 wurde ein Kooperationsvertrag mit dem Institut für Philosophie der Russischen Akademie der Wissenschaften unterzeichnet. Noch vor einem Jahr veranstaltete es eine Konferenz mit dem Titel “Russland im 21. Jahrhundert neu denken”, deren Voreingenommenheit schon der Titel erahnen lässt.  

Das Zentrum für gesellschaftliche und informationelle Zusammenarbeit “Europa” wurde mehrfach dabei erwischt, prorussische Narrative in der Region der Westbalkan zu verbreiten. Der Fonds zur Unterstützung und zum Schutz der Rechte von Landsleuten ist eine russische Organisation, die auf Initiative des Außenministeriums der Russischen Föderation und von Rossotrudnitschestwo gegründet wurde. Bei diesem ist alles klar.  

Vor uns liegt also eine Konferenz, die von Russland organisiert, beworben und durchgeführt wurde. Und wer zahlt, bestimmt die Musik.

Gebäude des Instituts für Politische Studien

Kulturelle Veranstaltungen als Element russischer weicher Macht

Russland nutzt solche Konferenzen systematisch als Instrument weicher Macht, um eigene geopolitische Interessen im Ausland zu fördern. Die Konferenz in Belgrad ist ein klares Beispiel für eine Informationsspezialoperation, die darauf abzielt, einen prorussischen Diskurs in der serbischen Öffentlichkeit zu formen. Unter dem Deckmantel der “historischen Erinnerung” versucht Russland, seine politischen Botschaften zu legitimieren und seine aktuelle aggressive Politik zu rechtfertigen.  

Durch solche Veranstaltungen strebt der Kreml an, das Bild Russlands als “Opfer” und “Kämpfer gegen den Faschismus” zu festigen, was es ermöglicht, mit der Geschichte zu manipulieren, indem die Ukraine mit Nazi-Deutschland verglichen wird.  

Länder wie Serbien sind für derartige Manipulationen besonders anfällig. Einige Studien zeigen, dass die Konzentration von Desinformation in Serbien 6,3 Mal höher ist als im Durchschnitt der Länder der Europäischen Union.  

Das ist nicht überraschend. Das Land hat keine Sanktionen gegen Russland verhängt und erlaubt russischen Medien, ungehindert auf seinem Territorium zu operieren.  

Serbien ist zudem das einzige Land auf dem Westbalkan, in dem der russische Sender RT tätig ist, den wir heute erwähnt haben. Interessant ist, dass der serbische Ableger im November 2022 gegründet wurde, also acht Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine.

Wie kann man dagegen vorgehen?  

Die Hände der russischen Propaganda reichen in viele andere Länder, und dagegen muss etwas getan werden. Die effektivste Maßnahme wäre ein Verbot russischer Propagandamaterialien und -medien. Genau so haben es die meisten europäischen Länder gemacht. Auch wenn dies die russische Desinformation nicht ausgerottet hat, hat es ihre Verbreitung erheblich erschwert.  

Das Problem Serbiens liegt jedoch in seiner Führung. Die serbische Regierung ist nicht bereit, die Beziehungen zu Russland zu verschlechtern, weshalb andere Lösungsansätze gesucht werden müssen.  

Hier kann Mathematik helfen. Auf jede Veranstaltung mit russischen Narrativen sollte eine andere mit proukrainischen oder proeuropäischen folgen. Angesichts begrenzter Ressourcen und möglicher Hindernisse seitens der serbischen Behörden ist es schwierig, Offline-Veranstaltungen durchzuführen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, über soziale Medien, auch auf Serbisch, Einfluss auszuüben und alternative Meinungen zu verbreiten.  

Auch die Zusammenarbeit mit einflussreichen serbischen Persönlichkeiten, Influencern, Journalisten und Kulturschaffenden, die bereit sind, die Wahrheit zu verbreiten oder zumindest russische Narrative infrage zu stellen, sollte nicht vergessen werden.  

Zudem produziert Russland viel Masseninhalt, der jedoch von geringer Qualität ist. Eine Alternative wäre, weniger, aber dafür tiefgründigere und präzisere Inhalte zu schaffen. Dies könnten hochwertige Dokumentarfilme, Podcasts oder Interviews mit Augenzeugen sein, einschließlich serbischer Freiwilliger, die in den Streitkräften der Ukraine dienen.  

In Ländern wie Serbien ist die russische Propagandamaschinerie äußerst stark, aber das bedeutet nicht, dass man nicht gegen sie kämpfen sollte. In unserer Zeit kann selbst eine kulturelle Konferenz zu einem Element des Informationskrieges werden, und wir sollten solche Veranstaltungen sorgfältig untersuchen. Besonders, wenn sie auf den offiziellen Seiten der russischen Botschaft erwähnt werden.

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The Voicer
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