Das Ende von Lukoils Schema mit dem Weiterverkauf an Gunvor
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Die Sanktionen blockierten faktisch die Geschäftstätigkeit der Unternehmen auf internationalen Märkten. Das Finanzministerium setzte ihnen eine Frist bis zum 21. November 2025, um ihre Geschäfte einzustellen. Insgesamt gefährdete dies das gesamte internationale Vermögensnetzwerk russischer Unternehmen.
Bekanntgabe des Abkommens mit Gunvor
Doch am 30. Oktober 2025, nur eine Woche nach Verhängung der Sanktionen, gab Lukoil überraschend bekannt, ein Angebot des Schweizer Handelsunternehmens Gunvor Group zum Kauf sämtlicher internationaler Vermögenswerte des russischen Ölkonzerns angenommen zu haben. Die Financial Times schätzte den Wert dieser Vermögenswerte auf rund 22 Milliarden US-Dollar.
Der Deal beinhaltete die Übertragung eines großen Portfolios von Vermögenswerten an Gunvor, darunter Raffinerien in Bulgarien, Rumänien und den Niederlanden sowie eine 75-prozentige Beteiligung an einem irakischen Ölfeld und ein Netzwerk von rund 2.000 Tankstellen in Europa und den USA.
Wenn der Deal zustande gekommen wäre, wäre Gunvor zu einem vollwertigen Energiegiganten mit einer eigenen Produktion von 440.000 Barrel Öl und Kondensat pro Tag geworden, was in etwa der Produktion Ecuadors allein entspricht.
Gunvors Geschichte und Verbindungen zum Kreml
Die Gunvor-Gruppe wurde 1997 von dem schwedischen Geschäftsmann Thorbjörn Turnquist und dem russischen Oligarchen Gennadi Timtschenko, einem engen Freund von Präsident Putin, gegründet. In den 2000er Jahren entwickelte sich Gunvor zu einem der weltweit größten Händler von russischem Öl.
Im Jahr 2014, am Vorabend der Verhängung von US-Sanktionen im Zusammenhang mit der Annexion der Krim, verkaufte Timchenko seine 44%ige Beteiligung an Turnquist.
Seitdem versuchte Gunvor, sich als Unternehmen zu positionieren, das die Verbindungen zu Russland abgebrochen hat. 2023 erklärte das Unternehmen, nicht mehr mit russischem Öl zu handeln, obwohl The Bell berichtete, dass der Handel lediglich zurückgegangen, aber nicht vollständig eingestellt worden sei.
Verdachtsmomente gegenüber dem Unternehmen
Analysten aus dem Umfeld des US-Finanzministeriums haben eine Reihe schwerwiegender Bedenken hinsichtlich des Deals zwischen Gunvor und Lukoil geäußert:
Zunächst warf die außerordentliche Geschwindigkeit, mit der die Einigung erzielt wurde, Fragen auf. Mehrere andere Energieunternehmen hatten Lukoil nach Bekanntwerden der Sanktionen kontaktiert, um sich nach einer möglichen Übernahme der Vermögenswerte zu erkundigen, wurden aber umgehend abgewiesen. Gunvor hingegen erzielte innerhalb weniger Tage eine Einigung mit dem Unternehmen.
Zweitens stellte sich die Frage der Finanzierung des Deals. Gunvor, dessen Eigenkapital auf rund 7 Milliarden US-Dollar geschätzt wird, plante den Aufkauf von Vermögenswerten im Wert von bis zu 22 Milliarden US-Dollar. Der CEO von Gunvor weigerte sich kategorisch, Auskunft über den tatsächlichen Wert des Deals und dessen Finanzierungsquellen zu geben.
Drittens hat Gunvors eigene Sanktionsgeschichte aufgrund seiner engen Verbindungen zum Kreml ernsthafte Zweifel an der Aufrichtigkeit des Unternehmens hinsichtlich seiner Absicht aufkommen lassen, die Beziehungen zum russischen Regime vollständig abzubrechen.
Als Reaktion auf diese Verdächtigungen startete das Gunvor-Management eine intensive Lobbykampagne in Washington. Turnquist gab mehrere Interviews, in denen er behauptete, Gunvor habe keinerlei Verbindungen zum Kreml und der Deal sehe keine Möglichkeit zum Rückkauf von Vermögenswerten vor. Das Management des Unternehmens weigerte sich jedoch, Fragen zu beantworten, die den Prozess transparenter gemacht hätten.
Entscheidung des US-Finanzministeriums
Am 6. November 2025 veröffentlichte das US-Finanzministerium eine Erklärung im sozialen Netzwerk X, in der es feststellte, dass „die Kreml-Marionette – die Firma Gunvor – niemals eine Lizenz zum Betrieb und zur Gewinnerzielung erhalten wird“.
Diese Entscheidung war das Ergebnis einer gründlichen Prüfung und Analyse der Verbindungen Gunvors zum Kreml durch Finanzminister Scott Bessant und sein Team. Die Erklärung des Finanzministeriums machte ein Zustandekommen des Geschäfts praktisch unmöglich.
Wenige Stunden nach Veröffentlichung der Erklärung des Finanzministeriums veröffentlichte Gunvor eine eigene Antwort in den sozialen Medien, in der das Unternehmen die Erklärung der US-Behörde als falsch und fehlerhaft bezeichnete, gleichzeitig aber den Rückzug seines Angebots für die internationalen Vermögenswerte von Lukoil ankündigte.
Zukunftsszenarien für Lukoil-Anlagen
Nach dem Scheitern des Gunvor-Deals ist die Zukunft der internationalen Vermögenswerte des Unternehmens weiterhin ungewiss. Die einfachste Option für Lukoil wäre der Verkauf von Anteilen an die bestehenden Partner in den jeweiligen Projekten. Beispielsweise hält das Unternehmen am Ölfeld West Qurna 2 im Irak 75 % der Anteile, die restlichen Anteile gehören anderen Investoren. An den kasachischen Projekten Tengiz und Karachaganak besitzt Lukoil 5 % bzw. 13,5 %, die Mehrheitsanteile liegen bei westlichen Unternehmen.
Gleichzeitig prüfen Bulgarien und Rumänien, wo sich die größten Ölraffinerien von Lukoil befinden, aktiv Optionen für eine staatliche Kontrolle dieser Anlagen. Das bulgarische Parlament hat bereits einen Beschluss gefasst, der es dem Staat ermöglicht, einen Sonderverwalter für das Werk “Lukoil Neftokhim Burgas” einzusetzen. Diese Entscheidung beruht auf der kritischen Abhängigkeit von diesem Unternehmen, da das Werk mehr als die Hälfte des bulgarischen Kraftstoffbedarfs deckt.
Der entscheidende Faktor für Tempo und Rahmenbedingungen dieser Prozesse bleibt die Position der Trump-Administration und die Dauer des Krieges in der Ukraine. Verschärft sich der Sanktionsdruck auf Moskau, wird sich der Verkauf der Lukoil-Vermögenswerte beschleunigen. Umgekehrt könnten Verhandlungen zur Beendigung des Krieges eine Überarbeitung der Sanktionspolitik nach sich ziehen.
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