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10. Nov. 2025|7 MIN.
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Wann werden die schwedischen Gripen-Kampfjets in der Ukraine fliegen?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der schwedische Premierminister Ulf Kristersson im Cockpit eines schwedischen Gripen-Kampfflugzeugs

Am 22 Oktober 2025 unterzeichneten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson eine Absichtserklärung der Ukraine, 100 bis 150 der neuesten schwedischen Kampfflugzeuge vom Typ JAS 39 Gripen E zu erwerben.

In unserem vorherigen Artikel „Feuertaufe und Rückkehr der JAS 39 Gripen“ haben wir bereits wichtige Details zu diesen Flugzeugen und ihren Kampfeinsätzen dargelegt. Damals argumentierten wir, dass die schwedischen Gripen in der Ukraine wohl nicht zum Hauptkampfflugzeugtyp werden würden – insbesondere aufgrund der unzureichenden Produktionskapazität von Saab. Jüngste Ereignisse deuten jedoch darauf hin, dass die Ukraine doch auf die JAS 39 Gripen setzten möchte.

Was beinhaltet die Vereinbarung?

Die Absichtserklärung eröffnet die Möglichkeit, einen verbindlichen Vertrag über die Lieferung von 100 bis 150 JAS 39 Gripen E-Kampfflugzeugen abzuschließen, der neuesten Version des schwedischen Mehrzweckkampfflugzeugs von Saab. Es handelt sich also nicht um einen endgültigen Vertrag, sondern um eine Rahmenvereinbarung, die den politischen Willen demonstriert und auf deren Grundlage bereits alle weiteren vorvertraglichen zwischenstaatlichen Arbeiten laufen.

Zu den wichtigsten Themen, die im Rahmen der vorvertraglichen Arbeiten geklärt werden müssen, gehören: die Kostenschätzung des Vertrags und des Finanzierungsmechanismus, die Umsetzungszeitpläne und die Frage der Produktionslokalisierung.

Wie schnell kann die Ukraine diese Flugzeuge erhalten?

Wolodymyr Selenskyj rechnet mit dem ersten Flugzeug bereits im Jahr 2026, Ulf Kristersson hingegen geht angesichts der aktuellen Produktionskapazitäten von einem ungefähren Zeitrahmen von drei Jahren nach Vertragsunterzeichnung aus.

Die unterschiedlichen Zeitangaben könnten darauf zurückzuführen sein, dass Kristersson sich auf die neueste JAS 39 Gripen E bezieht, deren Produktion noch immer unzureichend ist. Die schwedischen Streitkräfte selbst erhielten die erste von sechzig Gripen E erst im Oktober dieses Jahres nach zwölf Jahren Wartezeit. Selenskyj hingegen könnte die Übergabe älterer C/D-Modelle, die derzeit in Schweden im Einsatz sind, an die Ukraine meinen. Laut dem schwedischen Fernsehsender TV4 Nyheterna kann Schweden aktuell etwas mehr als zehn gebrauchte Gripen-Flugzeuge anbieten. Laut der Fachzeitschrift Defense Express ist es durchaus realistisch, dass Schweden im nächsten Jahr tatsächlich mit der Übergabe gebrauchter, aber noch einsatzbereiter JAS 39 Gripen C/D an die Ukraine beginnt, die dann außer Dienst gestellt werden, sobald die neuen Gripen E in die schwedische Armee eintreffen. Selenskyj erklärte, die Ukraine bereite schon jetzt ihre Piloten, technischen Teams und die Infrastruktur für den Einsatz der schwedischen Kampfflugzeuge vor.

Ein wahrscheinliches Szenario ist daher die Auslieferung der ersten Gripen C/D im Jahr 2026 und der ersten Gripen E in den Jahren 2028/29. Dabei muss jedoch der genaue Zeitpunkt des Vertragsabschlusses berücksichtigt werden. Die schrittweise Auslieferung der gesamten Bestellung von 100 bis 150 Flugzeugen erfolgt dann in den Jahren 2030 bis 2040.

Doch es gibt ein Problem. Mit ihrem Interesse an der JAS 39 Gripen E hat die Ukraine einen regelrechten Wettlauf um diese Flugzeuge begonnen. Zu den Abnehmern des schwedischen Kampfflugzeugs Gripen E/F mit bestehenden Festverträgen zählen Brasilien, das den Vertrag von 2014 über 36 Maschinen fortführt, von denen etwa 10 bereits ausgeliefert wurden; Thailand, das 2025 weitere 4 Flugzeuge bestellt hat und an 8–10 weiteren interessiert ist; sowie Schweden selbst mit einem Gesamtplan für 60 Kampfflugzeuge. Darüber hinaus laufen Verhandlungen mit Kolumbien (der Vertrag ruht aufgrund der angespannten Beziehungen zwischen Bogotá und Washington) und Peru. Kanada könnte ebenfalls einen Großauftrag erteilen. Auch einige europäische Länder könnten ihre Luftstreitkräfte mit schwedischen Flugzeugen verstärken wollen.

Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach dem JAS 39 Gripen E könnte sich die Umsetzung des ukrainischen Vertrags daher über einen wesentlich längeren Zeitraum als die von Premierminister Kristersson genannten 10 bis 15 Jahre erstrecken – selbst bei einer zumindest teilweisen Ausweitung der Produktion und Lokalisierung in der Ukraine.

Wie viel kosten Flugzeuge und woher kann die Ukraine das Geld nehmen?

Es ist derzeit schwierig, die Kosten einer so großen Flugzeugserie genau zu beziffern. Der geschätzte Preis eines JAS 39 Gripen-E wird in verschiedenen Publikationen auf 106 bis 228 Millionen US-Dollar geschätzt, wobei die Herstellungskosten bei etwa 88 Millionen US-Dollar liegen.

Laut Defense Express lag der letzte bekannte Festpreis für die Gripen-Kampfjets nach Thailand bei 138,25 Millionen US-Dollar pro Flugzeug (im Rahmen des diesjährigen Vertrags). Die geschätzten Kosten für Peru belaufen sich auf 146 Millionen US-Dollar pro Flugzeug. Der Preis kann je nach gewünschter Ausrüstung und Bewaffnung des Ziellandes variieren.

Neben dem Kaufpreis der Flugzeuge müssen auch die Wartungskosten berücksichtigt werden. Der langfristige Betrieb eines Flugzeugs kostet oft doppelt so viel wie der Kaufpreis selbst. Geht man davon aus, dass 100 Gripen E/F laut bekannten Vertragspreisen etwa 15 Milliarden US-Dollar kosten, würden die geschätzten Betriebskosten dieser Flugzeuge über 40 Jahre zusätzliche 30 Milliarden US-Dollar bzw. 0,75 Milliarden US-Dollar pro Jahr betragen. Die Ukraine muss daher prüfen, ob sie die Wartung dieser Flugzeuge in Zukunft stemmen kann, insbesondere angesichts der Tatsache, dass der ukrainische Verteidigungshaushalt vor dem flächendeckenden Invasion russlands bei etwa 1 Milliarde US-Dollar lag.

Aktuell hofft die Ukraine auf den Erhalt des in Europa eingefrorenen russichen Vermögens (geschätzt auf über 200 Milliarden Euro) und damit Kampfflugzeuge zu finanzieren. Dies bestätigten der schwedische Verteidigungsminister Poul Jonsson und der Saab-Chef Mikael Johansson. Die Frage der Übergabe eingefrorener russischer Vermögenswerte an die Ukraine wird bereits seit Längerem diskutiert, doch der EU-Gipfel am 23. Oktober in Brüssel fällte dazu keine Entscheidung.

Grund für die Verzögerung war Belgiens Position, das von anderen europäischen Ländern Garantien verlangt, dass es nicht allein alle Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung russischer Vermögenswerte tragen muss. Medienberichten zufolge ist der nächste Gipfel für den 19. Dezember angesetzt. Möglicherweise fällt die Entscheidung dort. Bis dahin bleibt die Vertragsunterzeichnung jedoch ungewiss.

Schweden könnte das Geschäft auch teilweise über Militärhilfe finanzieren. „Wir können Exportkredite, eingefrorene russische Vermögenswerte und unser Hilfsprogramm für die Ukraine in Betracht ziehen, das im nächsten Jahr 40 Milliarden Kronen und 2027 weitere 40 Milliarden Kronen umfasst“, sagte Verteidigungsminister Poul Jönsson. Er erklärte, Schweden habe das Geschäft der sogenannten Koalition der Willigen vorgestellt, einem Zusammenschluss von 16 europäischen Ländern, die bereit sind, den Krieg der Ukraine gegen Russland finanziell zu unterstützen. Einige dieser Länder könnten möglicherweise auch die Flugzeuge mitfinanzieren.

Ist es möglich, die Produktion in der Ukraine zu lokalisieren?

Der Krieg birgt Risiken für eine vollständige Lokalisierung der Produktion, eine teilweise Lokalisierung ist für das Saab-Management jedoch wünschenswert. Mikael Johansson erklärte: „Während eines Krieges ist das nicht so einfach, aber es wäre großartig, Kapazitäten zumindest für die Endmontage und vielleicht sogar für eine Teilproduktion in der Ukraine zu schaffen.“

Das Beispiel Brasiliens zeigt, wie die Lokalisierung die Flugzeugbeschaffung eines Landes beschleunigen kann. Während Schweden zwölf Jahre auf seine erste JAS 39 Gripen E warten musste, erhielt Brasilien kürzlich seine zehnte Maschine, obwohl der Vertrag erst ein Jahr später unterzeichnet wurde. Darüber hinaus verschafft die Lokalisierung der Produktion der Ukraine eine gewisse Autonomie bei der Beschaffung moderner Kampfflugzeuge, der Schaffung von Arbeitsplätzen und dem Zugang zu bestimmten Technologien.

Die Ukraine wird jedoch weiterhin um diese Lokalisierung kämpfen müssen. Nachdem die Ukraine eine Absichtserklärung unterzeichnet hatte, bekundete Kanada Interesse an einer Produktionslokalisierung, um den ukrainischen Auftrag zu erfüllen. Aufgrund von Sicherheitsrisiken ist eine Verlagerung der Produktion nach Kanada sehr wahrscheinlich, was ein ähnliches Projekt in der Ukraine gefährden könnte. Daher liegt es im Interesse der Ukraine, dass der Vertrag so schnell wie möglich abgeschlossen wird und die Frage der zumindest teilweise Produktionslokalisierung, darin klar geregelt wird.


Analytischer Artikel vorbereitet von Kostiantyn Hlushko, Analyst und Beobachter des Zentrums „Resurgam“ für Nordeuropapolitik.

Der Autor des Artikels:
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